Roman by Thümmel

Roman by Thümmel

Autor:Thümmel
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2018-03-01T05:00:00+00:00


Ich fand jetzt zum erstenmale, und werde es, fürchte ich, öfter finden, daß ich ein paar Bediente an den Puppenspielern zu viel hatte; denn ich wäre gern Bastianen aus meinem Wagen los gewesen, wenn ich nur einen andern unbesetzten Platz für ihn gehabt hätte. So saß er mir hier gegenüber mit seiner freundlichen Miene, in der allerlei Erinnerungen lagen, die mir in diesen Augenblicken eben kein besonderes Vergnügen machten. Ich habe Dir schon von der sprechenden Aehnlichkeit erzählt, die er mit seiner Schwester hat. Wie ich die Augen aufschlug, kam es mir vor, als ob mich Margot ansähe, und mich eben durch eine naive Frage außer Fassung bringen würde. Hätte ich ihr wohl nur die einfache Erkundigung: Wie haben Sie Sich die Zeit über befunden? beantworten können, ohne zu lügen und roth zu werden? Es ist doch eine eigene Sache um das Gewissen; es findet in jedem Kinde seinen gestrengen Richter; und zu welcher grausamen Folter wird ihm nicht der flüchtigste Hinblick auf ein unschuldiges Herz! Ich fühlte meine Brust immer beklemmter; und durch eine Verwechselung des Sinnlichen mit dem Geistigen, die gewöhnlicher ist als man glaubt, schob ich es sehr philosophisch auf das Seelenfieber, das ich mir in Avignon zuzog, ohne eher zu muthmaßen, daß wohl auch eine äußere Ursache daran Schuld seyn könne, als bis ich vor Unruhe mir die Weste aufriß, und nun das Paket, das offenbar meine Hitze vermehrt hatte, heraus fiel.

Es kam mir recht wie gerufen. Meine Brustbeschwerde ließ nach, und die Neugier schaffte mir Zerstreuung. Kaum hatte ich es aus einander, so sah ich mit Erstaunen, in welchem hohen Grad mein Epilogus ehrlich gewesen war, wenn er anders Juwelen besser kennt als das Arabische. Das goldene Schloß an der Schreibtafel war mit Brillanten besetzt, davon sich einer drücken ließ, um es zu öffnen; die Arabische Handschrift aber war nichts mehr und weniger, als ein Deutscher Brief von mehrern Bogen, ohne eine andere Unterschrift, als einen einzelnen Buchstaben: indeß schloß ich doch aus dem Wenigen, was mir das Rütteln des Wagens zu lesen erlaubte, daß er von einem Landjunker herrührte, der – was denkst Du wohl? – den guten Geschmack – Gott weiß aus was für Ursachen – förmlich in Klage nimmt. Es hätte mir vielleicht die Zeit vertreiben können, einen Herren dieses Zeichens über einen solchen Gegenstand schwatzen zu hören; nur stellte ich mir den Spaß nicht groß genug vor, um deßhalb meinen Wagen auf der offenen Landstraße halten zu lassen. Ich schlug also den Brief wieder zusammen bis auf ein andermal: als ich ihn aber an seinen vorigen Ort bringen wollte, schob sich etwas dazwischen, das ich für ein Schnallenfutteral hielt. Die sind doch nicht auch etwa von Brillanten? dachte ich, häkelte den Deckel auf, und Himmel und Hölle! und »Halt – halt, Postillion,« rief ich, »ich muß an die Luft. – Fahrt langsam fort – ich werde nachkommen.« – So sprang ich heraus, blieb an der Straße stehen wie ein Meilenzeiger, und staunte lange vor mich hin, eh' ich bemerkte, daß Bastian neben mir stand und mich ängstlich beobachtete.



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